Liebe Mitchristinnen, liebe Mitchristen,
ich habe mit mir gerungen, ob ich das Vorwort heute schreiben soll, oder diese Aufgabe lieber an jemand anderen weitergebe, weil es mich sehr emotional bewegt.
Erzählen möchte ich vom Seelsorgebereichsforum, das am Dienstagabend dieser Woche in St. Elisabeth stattfand, und meine Eindrücke wiedergeben. Sicher war ich nicht der Einzige, der mit gemischten Gefühlen in diese Veranstaltung der Aktuellen Etappe des Pastoralen Zukunftsweges gegangen ist. Einerseits war bereits klar, wie die Strukturen des Erzbistums Köln sich künftig darstellen und umgesetzt werden - „Was oder wie soll ich daran nun noch mitwirken?“.
Andererseits war die Veranstaltung als Informationsabend konzipiert, der den Gemeindemitgliedern die bisherigen Ergebnisse der einzelnen Arbeitsfelder darstellen sollte, und letztlich aufschlüsseln, wie denn die Pfarrei der Zukunft aussieht.
Letzteres kann ich wie folgt zusammenziehen:
Es wird künftig nur noch 50 bis 60 Pfarreien im Erzbistum Köln geben. Für Wuppertal ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass 2 Pfarreien errichtet werden, die in etwa den ehemaligen Dekanaten Barmen und Elberfeld entsprechen. Innerhalb der Pfarreien wird es Gemeinden geben, die erstmal den jetzt schon vorhandenen Gemeinden um die jeweiligen Kirchtürme entsprechen, es können aber neue Gemeinden gegründet werden; unabhängig vom Kirchturm. Institutionen hingegen können nicht Gemeinde sein, also Kindergärten oder Verbände u. ä.
Nachdem die angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Abends das Eröffnungsvideo des Generalvikariates angeschaut hatten (das konnten wir auch schon einige Tage vorher, um den Inhalt nachhaltiger zu erfassen), wurde eine Zeit darüber diskutiert und ein Fragenkatalog dazu zusammengetragen. Aus diesem Katalog wurden per Abstimmung drei Fragen ausgewählt, die an das Live zugeschaltete Team um den Generalvikar Dr. Markus Hofmann übermittelt wurden. Wieso nur drei? Weil zeitgleich dieselbe Veranstaltung in 30 weiteren Seelsorgebereichen stattfand, also dadurch 90 Fragen gestellt wurden.
Natürlich hat man es nicht geschafft, in 45 Minuten 90 Fragen zu stellen und zu beantworten. Das wurde aber auch schon vorher klargestellt.
Mich hat gewundert, dass überwiegend Fragen vorgelesen wurden, die struktureller und technischer Natur waren. Meine Vermutung ist, dass das vom Team im Kölner Studio so ausgewählt wurde, weil es dort als wichtig angesehen wird. Mich bewegen diese Fragen fast gar nicht, weil an diesen Dingen eh nichts mehr zu verändern ist, oder weil sie – wie sich teilweise herausstellte – auch noch nicht zu Ende gedacht sind. Die Frage nach den Möglichkeiten für Gottesdienste wurde vom Generalvikar so beantwortet, dass ein großer Wunsch ist, möglichst viele – auch neue – Formen von Gottesdienst zu entwickeln und umzusetzen. Jedoch sonntags sollen alle zur Eucharistiefeier kommen und dort die Kraft für die Woche tanken. Natürlich kann es nicht in jeder Gemeinde eine Eucharistiefeier geben, wir müssen uns auch darauf einstellen, dass Kirchen geschlossen und abgerissen oder einem anderen Zweck zugeführt werden. Wort-Gottes-Feiern, ob mit oder ohne Kommunionfeier, werden als Konkurrenzveranstaltung zur Eucharistiefeier gewertet und sind deshalb nicht gestattet. Man solle, wenn Gemeindeglieder nicht den Weg in eine andere Kirche schaffen, kreativ sein und Möglichkeiten entdecken, so der Generalvikar.
Viele der Teilnehmenden konnten sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es bei dieser ganzen Aktion nur darum geht, eine weitere Verwaltungs- und Strukturreform umzusetzen. Dabei wurde sehr deutlich, dass der Klerus die alleinige Leitungsfunktion der Pfarreien behält. Ihm zugestellt wird es ein sogenanntes multiprofessionelles Team aus weiteren Seelsorgern, Sozialarbeitern, Kirchenmusikern etc. geben, das den leitenden Pfarrer in seiner Aufgabe unterstützt.
Die Position des Klerus wurde an diesem Abend recht präzise von mehreren Teilnehmerinnen und Teilnehmern bewertet. So wurde angemerkt, dass vor dem Hintergrund des sexuellen Missbrauchs und der ungeklärten Sachverhalte hierzu es schwerfällt, den Leitungsanspruch anzuerkennen. Weiterhin wurde beklagt, dass große Teile des Klerus, auch wenn es zivilrechtlich unbedenklich ist, sich nicht nach kirchlichem Recht verhalten, ihre eigenen Vorschriften also brechen, insbesondere den Zölibat. Aber auch andere katholische Dogmen werden hier und da umgangen oder ausgeklammert. Besonders der Umgang mit Missbrauch und Zölibat führt nach Meinung der Teilnehmenden dazu, dass sich immer mehr Menschen von der katholischen Kirche abwenden, vor allem versperrt dies aber den Weg, sich für katholische Kirche begeistern zu können. Wenn sich Bischöfe das Recht herausnehmen, aus einer Diskussion auszusteigen, weil sie der Meinung sind, dass bestimmte theologische Fragen nicht auf Augenhöhe zwischen Geweihten und Laien diskutiert werden können, wundert es nicht, dass dies von den Laien zum Anlass genommen wird, aus dieser Kirche aussteigen. Ganz richtig sagte Pastoralreferent Dr. Werner Kleine, dass eine authentische Verkündigung des Evangeliums, des Glaubens, aus einer authentischen christlichen Lebensweise erfolgen muss, bzw. nur daraus erfolgen kann.
Dass Dr. Hofmann sagt, man müsse den Weg von Gott her beschreiten und Pfarrer Franz Meurer im selben Video sagt, dass man nicht vom Absender her, sondern vom Adressaten, also vom Menschen her handeln muss, beschreibt ganz simpel, in welcher Uneinigkeit und vielleicht auch Hilflosigkeit man sich befindet.
Nehmen wir die Bitte von Dr. Kleine auf und beten für die, die verantwortlich sind für die Gestaltung des Pastoralen Zukunftsweges. Schließen wir uns selbst in das Gebet ein, dass wir nicht müde werden, uns auch weiterhin für unsere Gemeinden zu engagieren; trotz mancher widriger Umstände.
Ihr und Euer
Ludger Noll