Liebe Gemeindemitglieder,

lang habe ich überlegt, was ich Ihnen mitgeben könnte. Und da fiel mir eine Sammlung von Chorstücken ein, die den sonderbaren Titel «Israelis Brünlein / Auserlesener KrafftSprüchlin / Altes vnd Newen Testaments» trägt. Nicht nur die Musik des Johann Hermann Schein (1586–1630) ist eingehender Betrachtung wert; auch ein Blick auf sein Leben lohnt. Dem oft kränklichen Vater starben vier seiner fünf Kinder im Säuglingsalter dahin. Und dennoch hat der Leipziger Thomaskantor Musik geschrieben, die die Schicksalsschläge nicht verleugnet, sondern zu reiner Schönheit und wunderbarem Trost sublimiert.

Die Texte, die der Komponist für das Israelsbrünnlein ausgewählt hat, scheinen seine Lieblingsverse aus der Heiligen Schrift zu sein. Die Auswahl wirkt undogmatisch, ja, unsystematisch. Selbst aus den griechischen Schriften des Alten Testaments bedient sich Schein – wie übrigens auch Johannes Brahms, der rund 240 Jahre später «Ein deutsches Requiem nach Worten der Heiligen Schrift» schreiben sollte.

Und so wage ich Ihnen eine Reihe meiner eigenen Lieblingsstellen anzubieten. Auch dieses Bündel trostreicher Aussagen der Heiligen Schrift folgt keiner anderen Regel als dieser: Ich habe sie zusammengestellt, weil sie mir Kraft geben. Und ich wünsche Ihnen, daß der eine oder andere Vers in den nächsten Tagen in Ihnen zum Klingen kommt.

Gott befohlen!

Ihr Sebastian Söder